Dr. med. Maurizio Camurati ist Facharzt für Allgemeine Chirurgie mit Vertiefung des Fachgebietes Phlebologie und ist Spezialist für Venenleiden. Während seiner langjährigen Tätigkeit sammelte er beachtliche Erfahrungen auf dem Gebiet der chirurgisch operativen Behandlung der Krampfadern sowie auch in der minimalinvasiven, endovenösen Thermoablation.

Im Interview verrät Dr. Camurati unter anderem, wie bei seiner Venenbehandlung der medizinische und auch der kosmetische Aspekt optimal berücksichtigt werden.

Was sind Krampfadern? Woran erkennt man sie?

Das Wort Krampfader stammt aus dem altdeutschen Wort «Krumpe Ader», also krumme Ader und beschreibt den gewundenen Venenverlauf, wenn durch eine Bindegewebsschwäche die Vene immer grösser wird und dadurch die Venenklappen mit der Zeit undicht werden. Die Vene verliert so Ihre Funktion, das Blut kann nicht mehr in Richtung Herz abtransportiert werden und es kommt zu einer Stauung von Blut.

Welche Symptome treten bei Krampfadern auf?

Krampfadern vermitteln meist ein Gefühl von Schwere und Spannung am Bein. Das Blut, das nicht mehr richtig abtransportiert wird, staut sich im Bein und führt zu dieser Spannung. Manchmal haben Patienten auch Schmerzen und Krämpfe.

Wer ist vor allem von Problemen mit den Krampfadern betroffen?

Leider können auch sehr junge Patienten betroffen sein. Mehrere grossangelegte Studien haben ergeben, dass jede 4. Frau und jeder 6. Mann unter Krampfadern leidet, ohne es überhaupt zu wissen. Die Symptome sind schleichend und die Krampfadern sind nicht immer ohne Weiteres von aussen zu erkennen. Die familiäre Prädisposition, kombiniert mit einem erhöhten Risikoprofil (stehende Tätigkeit, mehrere Schwangerschaften und Übergewicht), führen zum Problem.

Können Krampfadern wieder verschwinden?

Krampfadern können sich nicht spontan zurückbilden und nehmen in der Regel mit der Zeit zu. Nur sogenannte Schwangerschaftskrampfadern bilden sich 4-6 Monate nach der Geburt des Kindes zurück – leider aber auch nicht immer.

Wann sollten Krapmfadern operiert werden?

Krampfadern sollten bei Diagnosestellug behandelt werden, aber spätestens dann, wenn die ersten Beschwerden auftreten. Je eher eine Behandlung durchgeführt wird, umso weniger invasiv wird diese sein. Eine klassische Operation bei der man die erkranke Vene entfernt, kann mit den heutigen minimalinvasiven Verfahren meist vermieden werden. Ausserdem stellen vor allem innere Krampfadern ein Risiko für Thrombosen dar.

Wann darf man sie nicht operieren?

Wenn eine Behandlung medizinisch indiziert ist und damit der Rückfluss des Blutes und die Durchblutungssituation am Bein gebessert wird, sollte man diese durchführen. Seltene Kontraindikationen sind eine Anlagestörung im tiefen Venensystem oder schwere systemische Erkrankungen anderer Organe.

Gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen?

Frauen sind leider häufiger von Krampfadern betroffen. Die chronische Venenerkrankung, die sog. «chronische Veneninsuffizienz», kann sich bei ihnen früher bemerkbar machen als bei den Männern.

Was gibt es alles für Möglichkeiten, Krampfadern zu operieren?

Die Krampfadern können chirurgisch entfernt, thermisch versigelt oder chemisch verklebt werden. Jede Behandlung hat Vor- und Nachteile und sollte deshalb ganz individuell und patientenbezogen angewandt werden.

Welches ist/sind die modernsten Techniken?

Die aktuell modernste Behandlungsvariante ist das Verkleben mittels VenaSeal™. Die erkrankte Stammvene wird beim VenaSeal™-Verfahren nicht entfernt oder mittels Hitze verschlossen, sondern schonend über einen dünnen Katheter direkt verklebt. Dies reduziert das Risiko für Verletzungen der Haut oder von begleitenden Nerven. Zudem verbleiben keine Narben. Die so verklebte Krampfader bleibt im Bein zurück und wird im Laufe der nächsten Wochen und Monate gänzlich abgebaut oder in einen dünnen, nicht spürbaren Narbenstrang umgebaut. Eine Lokalbetäubung ist dafür nicht notwendig.

Cyanoacrylat-Kleber werden seit Anfang der 60er Jahre als Wundkleber in der Medizin eingesetzt, seit Anfang der 80er-Jahre in ähnlicher Formulierung zum Verschluss von sackartigen Erweiterungen von Hirnarterien. Andere moderne minimalinvasive Techniken erhitzen die Venen innerlich, um diese zu versiegeln. Diese Technik ist schon seit vielen Jahren erprobt und die Resultate sind hervorragend, dafür braucht es jedoch eine örtliche Betäubung.

Warum sind die neuen Techniken schonender?

Bei der klassischen Operation wird die erkrankte Stammvene chirurgisch entfernt. Dafür braucht es meist eine Vollnarkose oder Spinalanästhesie, es braucht Hautschnitte und das Gewebe um die Vene herum wird bei der Operation mitverletzt, da die Vene aus ihrer Loge im Bein herausgezogen wird. Diese Nachteile entfallen bei den minimalinvasiven Behandlungstechniken gänzlich.

Eine Narkose braucht es nicht, Hautschnitte werden keine gemacht, sondern nur Nadelstiche und die Vene wird dabei nicht entfernt, sondern verschlossen. Die Behandlung ist schmerzarm, schnell und meist frei von Komplikationen. Das ästhetische Resultat ist in den meisten Fällen zudem hervorragend, da kaum Narben zurückbleiben.

Wie lange dauert die Operation von Krampfadern und wie verläuft sie?

Die Dauer der Behandlung ist von der Ausdehnung und der Anzahl der Venen abhängig, die behandelt werden müssen. Typischerweise dauert eine Operation 60-90 Minuten und wird ambulant in örtlicher Betäubung durchgeführt. Anschliessend kann die Patientin oder der Patient nach Hause gehen und sich normal bewegen. Am nächsten Tag nimmt man zuhause den Verband ab, kann ganz normal duschen und sollte danach das Bein während 3-4 Tagen mit einem medizinischen Strumpf komprimieren.

Auf der Webseite www.venacare.ch unter https://www.venacare.ch/mediathek sind kurze Videos dazu abrufbar.

Ist eine Operation schmerzhaft?

Nein, die Behandlung wird in örtlicher Betäubung durchgeführt. Bis auf die Nadelstiche, welche für die Lokalanästhesie benötigt werden, spürt man kaum etwas.

Bedingt die Krampfaderoperation eine Arbeitsunfähigkeit? Wann kann die Arbeit nach einem solchen Eingriff wieder aufgenommen werden?

In den meisten Fällen und je nach Beruf kann nach der minimalinvasiven Behandlung nach 2-5 Tagen die Arbeit wieder aufgenommen werden. Nach einer klassischen Operation mit Entfernung der erkrankten Vene dauert es deutlich länger.

Wie lange darf man keinen Sport machen?

Nach der schonenden, minimalinvasiven Behandlung kann man nach einer Woche wieder Sport treiben. Nach der klassischen Operation braucht es etwa 2-3 Wochen Pause.

Wie lange hält eine solche Behandlung?

Sowohl die klassische Operation wie auch die moderneren, minimalinvasiven Behandlungen haben zum Ziel, die erkrankten Venen auszuschalten und die Durchblutung am Bein zu verbessern, um Komplikationen wie Thrombose und offene Beine zu vermeiden. Dies kann mit den aktuellen Behandlungen über Jahre erreicht werden. Leider kann man die genetische Veranlagung und damit auch die Neubildung von Krampfadern nicht beeinflussen. Etwa 25-30% der Patientinnen und Patienten werden im Verlauf des Lebens wieder neue Krampfadern entwickeln. Aus diesem Grunde sind regelmässige Kontrollen alle 2-3 Jahren sinnvoll.

Kann es zu Komplikationen und Nebenwirkungen kommen?

Jede medizinische Handlung kann potentiell auch Nebenwirkungen haben und Komplikationen verursachen. In der Regel sind diese umso geringer je weniger invasiv eine Behandlung ist, deshalb verdrängen die neueren Techniken auch immer mehr die klassische Operation. In den USA werden zum Beispiel 98% aller Krampfadern nicht mehr operiert, sondern minimalinvasiv entweder mit Hitze oder Klebeverfahren behandelt.

Häufige Komplikationen sind Blutergüsse und Verhärtungen, die nach 2-3 Wochen verschwinden. Selten gibt es ein vorübergehendes Taubheitsgefühl und Verfärbungen am Unterschenkel, welche mehrere Monate anhalten, sich aber auch spontan zurückbilden können. Thrombosen oder andere schwere Komplikationen sind eine absolute Rarität.

Behandeln Sie auch Besenreisser?

Selbstverständlich! Meist handelt es sich dabei um fein verzweigte Äderchen, welche netz- oder fächerförmig in der Oberhaut verlaufen und grössere Ansammlungen bilden können. Sie erscheinen als hellrote Gefässbäumchen, dunkelblaue Äderchen oder rötliche Flecken. Obwohl medizinisch kaum von Bedeutung, stellen sie für viele Menschen ein bedeutendes kosmetisches Problem dar.

Auch hier liegt eine Bindegewebsschwäche zugrunde. Prädilektionsstellen sind Oberschenkelaussenseite, Unterschenkelinnenseite und Kniekehle. Besenreiser können ein erster Hinweis auf eine Erkrankung des tieferliegenden Venensystems sein und sind nicht selten mit Krampfadern assoziiert. Meist sind Frauen davon betroffen.

Die Behandlung von Besenreisern und kleinen Krampfadern wird Mikro-Sklerotherapie oder auch Feinverödung genannt. Bei kleineren Krampfadern oder oberflächlichen Besenreisern reicht eine Verödung mit flüssigen Medikamenten aus. Weisen Patienten viele Krampfadern auf, sind mitunter mehrere Sitzungen notwendig. Bei der Behandlung von Besenreisern steht der ästhetische Gesichtspunkt im Vordergrund, deshalb werden die Kosten von der Krankenkasse nicht erstattet. Die Mikro-Sklerotherapie wird ambulant durchgeführt und kann Besenreiser ohne Laser, Narkose oder Schnitte beseitigen. Das Resultat ist etwa 6-8 Wochen nach der Behandlung zu sehen und spezielle Kompressionsverbände sind nicht zwingend nötig.

Die Mikro-Sklerotherapie ist eine sichere und effektive Behandlungsmethode. Dies zeigte sich auch in der bekannten EASI Studie 2010, in der die Wirksamkeit und Sicherheit der Sklerotherapie von Besenreisern und netzförmigen Krampfadern mit dem Sklerosierungsmittel Polidocanol untersucht wurde.